Das “S” in BDS: Lehren aus der Elbit Systems Kampagne
Israelische Rüstungsunternehmen wie Elbit Systems geben sich unbesiegbar, doch die israelische Rüstungsindustrie ist anfälliger als es scheint. In ihrem Artikel untersuchen Al-Shabaka Gastautorin Maren Mantovani und Policy Advisor Jamal Juma’ nationale sowie globale Trends und identifizieren die unterschiedlichen Möglichkeiten für Menschrechtsaktivist_innen sich dafür einzusetzen, Israel für seine Völkerrechtsverletzungen zur Rechenschaft zu ziehen.
Kernpunkte
- Dem israelischen militärisch-industriellen Komplex stehen harten Zeiten bevor, so berichten die grossen israelischen Rüstungsunternehmen, bei denen 2015 die Alarmglocken läuteten aufgrund des starken Rückgangs ihrer internationalen Verträge verkünden.
- Elbit Systems, eines der grössten israelischen Rüstungsunternehmen, musste in Frankreich und Brasilien grosse Verluste verbuchen und legt aufgrund seriner aggressiven internationalen Kaufstrategie eine besondere Anfälligkeit zu Tage
- Obwohl die bevorstehenden israelischen Rüstungsverkäufe nach Europa, Lateinamerika und Asien vielversprechend erscheinen, ist die Tatsache, dass die israelische Rüstungsindustrie gewisse Schwierigkeiten hat, eine grosse Chance für die internationale Solidaritätsbewegung sich mit der palästinensischen Bevölkerung sich für ein Waffenembargo einzusetzen.
Einer „unbesiegbaren“ Industrie stehen harten Zeiten bevor
Trotz der Bemühungen der Palästinener_innen und ihren Unterstützer_innen, darunter auch einige Finanzinstitutionen und Regierungen, erscheint die israelische Rüstungsindustrie so unbesiegbar wie die Waffen, die sie produziert. Ein Treffen der grössten Rüstungsunternehmen mit der Regierungim im Oktober 2015, in dem der starke Rückgang der Rüstungsexporte thematisiert wurde, weisst jedoch darauf hin, dass der unbesiegbare Status der Rüstungsindustrie ins Wanken gerät. Jüngste nationale und globale Entwicklungen , auf die unten eingegangen wird, steigern die Anfälligkeit der Industrie.
Wie Elbit Systems und die „Brand Israel“ an Einfluss verlieren
Elbit Systems, eines der grössten israelischen Rüstungsunternehmen, hat starke Verluste in Frankreich und Brasilien erlitten. Diese beiden Länder nehmen beinahe entgegengesetzte Standpunkte zur Frage Palästinas ein. Die französische Regierung zeigt sich eher gleichgültig gegenüber den Rechten der Palästinenser_innen, die brasilianische Regierung von 2003 bis Mai 2016 hingegen zeigte sich solidarisch.
Im Jahr 2016 entschied sich Frankreich gegen den Kauf von Elbit-Drohnen. Die Firma, welche den Auftrag erhalten hat, kaschierte den Fakt, dass auch ihre Drohnen mit Komponenten der Elbit-Technologie ausgestattet sind. In Brasilien verlor die Elbit-Tochterfirma AEL Sistemas im Jahr 2014 ein Technologiepark-Projekt, wo militärische Satelliten hätten installiert werden sollen. Im Jahr 2016 gab Elbit sein Drohnenforschungs- und Entwicklungsprogramm in Brasilien auf, nachdem das Verteidigungsministerium die Finanzierung abgelehnt hatte. Im Fall Frankreich ist es unklar, in welchem Masse der Druck der Palästina-Solidaritätsbewegung die Entscheidung beeinflusst hat. Im Fall Brasilien hingegen, spielten die BDS Bewegung und die schwierigen Beziehungen zwischen der brasilianischen und der israelischen Regierung klar eine Rolle.
Den Mythos der israelischen technologischen Überlegenheit demontieren
Der Mythos der Überlegenheit israelischer Waffen hat vor kurzem schwere Rückschläge erlitten. So wurde die Wirksamkeit des „Iron Dome“ im Anschluss an den israelischen Angriff auf Gaza im Jahr 2014 stark in Frage gestellt. Während Israel sich selber als marktführend im Bereich der Cyber-Sicherheit darstellt, kam es in Bezug auf seine Software und Datenverarbeitungsunternehmen wiederholt zu rufschädigenden Skandalen.
Die Transfer der israelischen Technologie ist an politische Bedingungen geknüpft; in der Regierungszeit der Kongresspartei in Indien von 2004-14 beschwerten sich beispielsweise Diplomat_innen, dass enge militärische Beziehungen mit Israel es für die Regierung schwierig machten, Maßnahmen in Solidarität mit dem palästinensischen Volk ergreifen.
Lokale und globale Verschiebungen in der israelischen Militärindustrie
Der Trend der Privatisierung der Militärindustrie Israels dürfte die Dynamik vertiefen, dass Unternehmen ihre Gewinne für sich verbuchen, während Verluste zu Lasten des Staates und der Bürger_innen gehen.
Der wachsende Trend im globalen Rüstungssektor, unter anderem in Israel, innerhalb des Klientelstaates zu produzieren, bedeutet für ein Unternehmen wie Elbit Systems fortwährend Unternehmen erwerben und Darlehen aufnehmen zu müssen, um den Kapitalfluss zu gewährleisten. Das macht es anfällig für Solvenzkrisen. Dieser Trend führt darüber hinaus dazu, dass die Industrie der Klientelstaaten nach Israel ausgelagert werden auf Kosten ihrer eigenen nationalen Industrien.
Israelische Militärexporte nach Europa, Lateinamerika und Asien verzeichnen ein steigendes Wachstum. Was die laufenden Verhandlungen Israels mit den USA für ein neues 10-Jahres- Militärhilfeabkommen angeht, in dem der Finanzierungsbetrag gegenwärtig auf 3,1 Milliarden Dollar jährlich erhöht werden soll, so sehen die USA vor, dass der bisherige prozentuale Anteil, den Israel davon in seine eigene Militärindustrie investieren konnte, gekürzt werden soll.
Gemeinsam gegen Militarisierung
Die Forderung nach einem ein Militärembargo gegen Israel ist nicht nur im palästinensischen Aufruf für Menschenrechte verankert, sondern ist auch Teil eines weltweiten Kampfes gegen eine zunehmende Militarisierung der Gesellschaft. Man ist sich des Beitrages der israelischen Rüstungs- und “homeland security”-Industrie und ihrer weltweiten Exporte von neuen Technologien und Methoden, entwickelt und getestet durch die militärische Besetzung palästinensischen Landes, an dieser Militarisierung zunehmend bewusst. Verbindungen zu anderen Bewegungen sind entstanden, so zum Beispiel zwischen der palästinensischen Solidaritätsbewegung und der Black Lives Matter Bewegung in den USA, die seit August 2016 den BDS-Aufruf offiziell unterstützt.
Die Schwachstellen des israelischen Militärs nutzen
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie Aktivist_innen sich für ein Waffenembargo einsetzen können, dadurch den militärisch-industriellen Komplex in Frage stellen und den Profit der Rüstungsindustrie vermindern können. Dazu gehören Sensibilisierungskampagnen und Öffentlichkeitsarbeit sowie die Solidarität von Gruppierungen, die ebenfalls von Krieg und Unterdrückung betroffen sind. Eine weitere Möglichkeit bietet die öffentliche Verbreitung der Anzeichen dafür, dass die israelische Militärtechnologie nicht so wirksam und problemlos ist, wie dies dargestellt wird.
Darüber hinaus sollten palästinensische Aktivist_innen Druck auf die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) und die Palästinensische Autonomiebehörde (PNA) ausüben, damit diese ihre diplomatischen Kontakte und ihren Einfluss in einzelnen Staaten und bei den Vereinten Nationen entsprechend nutzen.
Aktivist_innen sollten versuchen die Schwachstellen einiger Rüstungsunternehmen zu verstehen und diese gezielt zu nutzen. Elbit Systems ist dabei, aufgrund seiner Aktivitäten in der Finanzspekulation und seiner lokalen Präsenz in vielen Ländern, besonders angriffbar.
Vollständiger Artikel auf Al-Shabaka
Übersetzung des Executiv Summary durch BDS Schweiz