Kultureller BoykottOffene Briefe

Festival Culturescapes Israel 2011 – Offener Brief an die Burghof Lörrach GmbH

Burghof Lörrach GmbH
Susanne Göhner
Helmut Bürgel
Herrenstr. 5 79539 Lörrach

31. Mai 2011

Offener Brief

Sehr geehrte Frau Göhner,

sehr geehrter Herr Bürgel,

bestürzt nehmen wir zur Kenntnis, daß in Zusammenarbeit mit dem Kulturfestival Culturescapes Israel 2011 auch in Ihrem Hause Veranstaltungen stattfinden werden.

Das Festival Culturescapes Israel, das im Herbst 2011 in Basel, Zürich und anderen Schweizer Städten und eben auch Lörrach stattfindet, kündigt sich als breite Initiative an, um das schmeichelhafte Bild von Israel als einem Land zu vermitteln, in dem sich das künstlerische Schaffen frei entfalten kann und selbst regierungskritische Künstler_innen unterstützt werden.

Die Unterstützung von kulturellen Ereignissen, die die „Pluralität“ der israelischen Gesellschaft zeigen, folgt jedoch einem Regierungsprogramm, das die drei israelischen Ministerien Kultur, Tourismus und Auswärtiges 2005 beschlossen haben und das bekannt ist unter dem Namen: „Brand Israel – Hasbara“. 1

Kultur, Kunst und Pluralität des Landes sollen in den Vordergrund gerückt werden mit dem Ziel, mit Hilfe von Public-Relations-Agenturen vom Konflikt mit den Palästinensern abzulenken. Es geht darum, eine Verschiebung zu erwirken und Israel anders zu verkaufen, nämlich “weg vom Image eines Landes, das sich im Krieg und Konflikt befindet und hin zu einem Marken-Zeichen für positive Werte und Ideale, wie ‘Gestalter der Zukunft’, ‘pulsierende Vielfalt’ und ‘unternehmerische Begeisterung’.” 2

Dem in weltweiten Umfragen zunehmend negativen Image Israels, das durch anhaltende Vorwürfe von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschheit geprägt ist, soll entgegentreten und eine Fassade der Normalität vorgetäuscht werden.

Mit ihrer Teilnahme am Festival Culturescapes Israel 2011, initiiert von der israelischen Botschaft in der Schweiz, unterstützt die Burghof GmbH jedoch faktisch die israelische Politik von Apartheid, Kolonisierung und Besatzung gegen die einheimische palästinensische Bevölkerung. 3

Die palästinensische Zivilgesellschaft, die auf die Einhaltung des internationalen Rechts pocht, ist nicht willens, die israelische Politik der Verstöße gegen allgemein anerkannte Rechtsnormen hinzunehmen.

Gemeinsam mit einer weltweiten zivilgesellschaftlichen Bewegung fordert sie, dass akademische und kulturelle Projekte mit israelischer Staatsbeteiligung solange boykottiert werden, bis Israel die völkerrechtlichen Forderungen umsetzt:

“Alle Kulturprodukte, die von offizieller israelischer Seite in Auftrag gegeben werden (z.B. von Ministerien, Kommunen, Botschaften, Konsulaten, von staatlicher oder anderer öffentlicher Filmförderung etc.) sollten aus institutionellen Gründen boykottiert werden, weil sie vom israelischen Staat – oder einer ihrer mitverantwortlichen Institutionen – in Auftrag gegeben und deshalb auch finanziell gefördert werden, eigens um die staatliche Propaganda und die Bemühungen um ein anderes Image zu unterstützen, mit dem Ziel die israelische Besatzung oder andere Verletzungen der palästinensischen Rechte und des Völkerrechts herunterzuspielen, zu rechtfertigen, schönzufärben oder davon abzulenken.” 4

In ihrem Aufruf vom 9. Juli 2005 fordert die palästinensische Zivilgesellschaft Boykott, Desinvestition und Sanktionen (BDS) gegen Israel auf, bis es [Israel] internationalem Recht und den universellen Prinzipien der Menschenrechte nachkommt.5

Inzwischen unterstützen weltweit Organisationen und Individuen diesen Aufruf und haben sich zu einer internationalen BDS-Kampagne zusammengeschlossen: Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen gegen Israel als gewaltloses Mittel, wie es auch im Falle der Beendigung des Apartheidsystems in Südafrika erfolgreich war.

Auch in der Bundesrepublik Deutschland ist die BDS-Kampagne angekommen, und zwar sowohl im zivilgesellschaftlichen Bereich als auch auf politischer Ebene! 6

Ehemalige Staatsmänner wie Richard von Weizsäcker und Helmut Schmidt und andere fordern eine Änderung der EU-Politik gegenüber Israel.7

Die Deutsche Bahn AG hat sich aus dem völkerrechtswidrigen Schnellbahnprojekt Tel Aviv – Jerusalem zurückgezogen.8

Sehr geehrte Frau Göhner, sehr geehrter Herr Bürgel, wir bitten Sie dringend, die Teilnahme der Burghof GmbH am Festival Culturescapes Israel abzusagen.

Erteilen Sie der israelischen Politik von Apartheid, Unterdrückung und Besatzung eine Absage.

 

Iris Hefets für Kritische Juden und Israelis kritischeisraelis@googlemail.com
Berlin Academic Boycott berlinab@googlegroups.com
BDS Gruppe Berlin bdsmovement-Berlin@web.de

Kontakt: bdsmovement-Berlin@web.de

Verweise:

1 Zur „Brand Israel“ (Markenzeichen Israel) Strategie: “Israel Aims To Improve Its Public Image”, Forward, 14.10.2005; “About Face”, Haaretz, 20.09.2005; “After Gaza, Israel Grapples with Crisis of Isolation”, The New York Times, 18.03.2009, “Ben White,”Behind Brand Israel: Israel’s recent propaganda efforts“, The Electronic Intifada, 23.02.2010.
2 http://www.herzliyaconference.org/_Uploads/3051winning.pdf
“Winning the Battle of the Narrative” Working Paper for the 2010 Herzliya Conference, p.3
3 http://untreaty.un.org/cod/avl/ha/cspca/cspca.html
4 http://www.pacbi.org/ Palestinian Campaign for the Academic and Cultural Boycott of Israel (PACBI), Guidelines for Applying the International Cultural Boycott of Israel
5 http://bdsmovement.net/call, auf deutsch http://www.bdsmovement.net/call#German
6 http://berlinacademicboycott.wordpress.com/ und www.bds-kampagne.de
7 http://www.20min.ch/news/ausland/story/Ex-Politiker-drohen-Israel-30646360 und http://www.reiner-bernstein.de/genferinitiative/ge_erklaerungen/Letter%20to%20EU_06.12.10.pdf
8 http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,759991,00.html