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Kampagne gegen die BDS Bewegung?

Die BDS Gruppe Berlin versteht sich als Teil der weltweit wachsenden palästinensischen BDS Bewegung. Letzten Monat kündigte die DAB Bank die Geschäftsbeziehung mit den Aktivisten, wovon die Jerusalem Post außergewöhnlich schnell erfuhr.

[Anmerkung der Redaktion von www.bds-kampagne.de: Die DAB Bank kündigte das Konto von BDS-Kampagne, einem Redaktionsteam, das über Aktivitäten der BDS-Bewegung in Deutschland informiert. BDS Berlin ist eine basisorientierte Aktivist_innengruppe, die sich als Teil der weltweiten BDS-Bewegung versteht.]

BDS, das steht für »Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen für Palästina« und fordert dazu auf, israelische und internationale Unternehmen, die von der Besatzung, Entrechtung und Vertreibung der Palästinenser profitieren, so lange zu boykottieren sowie mit Kapitalentzug und Sanktionen zu belegen, wie Israel seinen Verpflichtungen nach internationalem Recht nicht nachkommt. Nun muss sich die BDS Gruppe Berlin eine neue Bank suchen [1].

Die DAB Bank hat die Geschäftsbeziehung gekündigt, was Benjamin Weinthal von der Jerusalem Post, Israels größter englischsprachige Zeitung, zu einem Artikel [2] veranlasst hat. Doris Ghannam, Mitgründerin und Kontoinhaberin der Gruppe, stellt ansonsten eher mediale „Ignoranz“ gegenüber der erklärtermaßen friedlichen BDS Bewegung fest. Die Ziele würden „gerne verkürzt, entstellt und von manchen, so hat es den Anschein, auch bewusst falsch dargestellt“, sagt sie. Die Medien hierzulande, so zumindest scheint es, hätten den Kern der Kampagne nicht verstanden. Gegründet wurde die Bewegung im Juli 2005 von einem Bündnis aus rund 170 palästinensischen Gruppen und Organisationen, inspiriert von der Anti-Apartheidbewegung in Südafrika. Unterstützung erhalten die Aktivisten unter anderem von der Deutsch-Palästinensischen-Gesellschaft (DPG) oder der israelischen Gruppe Boycott from Within.

BDS Bewegung : auf Grundlage einer Anti-Rassismus-Plattform

Ghannam betont, dass die Bewegung immer einen „auf Rechten basierenden Ansatz“ vertreten hat und auf der Grundlage einer Anti-Rassismus-Plattform arbeitet, „die alle Formen von Rassismus, einschließlich Islamophobie und Antisemitismus ablehnt.“

Die Kritik an der israelischen Politik würde noch immer unreflektiert als judenfeindlich abgetan, um davon abzulenken, worum es der Bewegung tatsächlich geht und um den Status quo aufrechtzuerhalten. Israel verletzte, sowie andere Staaten auch, Internationales Recht. „Es wäre schlecht um uns alle bestellt, wenn die Forderung nach der Beendigung von Verletzung des Internationalen Rechts den Vorwurf der Delegitimierung eines Staates nach sich ziehen würde“, so Ghannam. Gängige Vorwürfe sind, dass die Bewegung antisemitisch sei oder man „Nazi-Jargon“ verwendet. Bezüglich Transparenz und Legitimität sei die BDS-Kampagne aber kaum angreifbar. Stehen die drei zentralen Forderungen doch im Einklang mit völkerrechtlichen und menschenrechtlichen Grundlagen. Schließlich fordert die Bewegung „ein Ende der Besatzung und fortgesetzten Kolonisierung palästinensischen Landes und den Abriss der Mauer, die Anerkennung der Grundrechte der arabisch-palästinensischen Bürger*innen Israels auf völlige Gleichheit sowie die Respektierung und Umsetzung der Rechte der palästinensischen Flüchtlinge, in ihre Heimat und zu ihrem Eigentum zurückzukehren“, wie in der UN Resolution 194 vereinbart.

Jerusalem Post – Zeitung oder politisches Organ?

Benjamin Weinthal bezeichnet Ghannam in seinem Artikel als „energische anti-Israel Aktivistin“. So wundert es auch nicht, dass Weinthal nicht darüber schreibt, dass die UNO, die EU und der Internationale Gerichtshof die israelische Besatzung für völkerrechtswidrig und die Siedlungen für illegal erklären oder Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch oder Btselem die Siedlungspolitik verurteilen, sondern er von Ghannam auf Anfrage lediglich wissen wollte, wie die BDS Gruppe die Hamas, die Hisbollah oder „das iranische Regime“ findet, und ob es sich bei den Organisationen – analog zu den Ansichten der sunnitischen Golfmonarchen, allen voran den Saudis – nicht doch um Terrororganisationen handelt. Nun wäre sicherlich zu klären, wo die Grenzen zwischen (Staats-) Terrorismus oder Freiheitskampf zu ziehen sind. Diesen Klärungsversuch unterlässt Weinthal in seinem Artikel aber genauso, wie die Frage darüber, warum es sich im Iran, nicht aber bei den israelischen Besatzern um ein Regime handeln soll? Er legt einfach fest, dass der Widerstand gegen die israelische Besatzung, ob friedlich oder nicht, entweder Terrorismus ist oder aber zumindest irgendeinen Bezug dazu haben muss.

„Es ist offensichtlich, dass eine Gegenkampagne stattfindet“

Im September letzten Jahres hat die Commerzbank – Partnerbank der zur BNP Baribas gehörenden DAB Bank – ein pro-BDS-Konto aufgelöst. Die Jüdische Allgemeine schreibt [3], dass das Konto von einem Organisator des Berliner Al-Quds-Tag gewesen sei. Die Ruhruniversität Bochum hat, entgegen fester Vereinbarungen, Vorträge des palästinensischen Friedensaktivisten und BDS-Unterstützers Salah Al-Khawaja abgesagt. Und dann die grundlose Kündigung durch die DAB Bank und der „fast zeitgleich“ mit der Kündigung eingehenden Nachfrage der Jerusalem Post über den Vorgang.

„Es ist offensichtlich, dass eine Gegenkampagne stattfindet“, sagt Ghannam. „Die Ernennung von Gilad Erdan zum Minister für die öffentliche Sicherheit, strategische Angelegenheiten und öffentliche Diplomatie im Juni letzten Jahres“ würde das bestätigten. „Auch dass Israel in seinem diesjährigen Haushalt fast 26 Millionen Dollar für die Bekämpfung der stetig wachsenden BDS Bewegung bereitstellt“, wäre ein Indiz dafür.

Die DAB Bank teilt auf Nachfrage mit, dass man zu dem Spendenkonto der BDS Gruppe immer nur mit dem Zitat antwortet, das auch in der Jerusalem Post abgedruckt wurde: “Aufgrund des Bankgeheimnisses können wir Ihnen keine konkrete Auskunft über das Konto geben. Wir nehmen den Hinweis jedoch sehr ernst, prüfen das Thema und ergreifen gegebenenfalls entsprechende Maßnahmen.” Gegenüber der Kontoinhaberin Ghannam hieß es, dass das Konto aufgrund von „internen Richtlinien“ zum 14. April 2016 gekündigt wird. „Weitere Auskünfte zum Grund der Kündigung erteilt die Bank nicht“, so Ghannam weiter. Beweise hat sie zwar keine, aber aufgrund eines Telefonats, dass der Europa-Korrespondent der Jerusalem Post, Weinthal, am 15. Februar 2016 wegen der Kontokündigung mit ihr führte, hat sich der Verdacht einer gezielten Gegenkampagne weiter verhärtet.

Dennoch: positiv sei, so Ghannem, dass hierzulande immer mehr Menschen das Bedürfnis hätten, die BDS-Kampagne durch eine internationalistische Perspektive zu betrachten, die sich immer mehr von der „deutschen Befindlichkeit” befreit. An weiterer Aufmerksamkeit hat die wachsende BDS Bewegung jedenfalls gewonnen.

Originaltext: Kampagne gegen die BDS Bewegung?