Erklärungen

Stellungnahme an die Abgeordneten des Thüringer Ladestages zu ihrem Antrag „Antisemitismus in Thüringen konsequent bekämpfen“.

Liebe Freunde der Palästinensischen Stimme
Stellungnahme an die Abgeordneten des Thüringer Ladestages zu ihrem Antrag Antisemitismus in Thüringen konsequent bekämpfen.
An die Abgeordneten der CDU,DIE LINKE, der SPD und von Bündnis 90/ Die Grünen in Thüringen,

Stellungnahme zu ihrem Antrag,

Wir protestieren hiermit gegen bestimmte Punkte aus dem Antrag vom 13.3.2018.
Wir unterstützen und praktizieren einen konsequenten Kampf gegen Antisemitismus und jeglicher Form von Rassismus Antisemitismus ist die Diskriminierung, Entrechtung und Stigmatisierung von Menschen aufgrund ihrer jüdischen Religionszugehörigkeit bzw. Abstammung, nicht aber die Kritik an einem kapitalistischen und unterdrückerischen Staat Israel. Unsere Kritik richtet sich gegen die von den israelischen Machthabern gegen die Palästinenser betriebene Politik und wird von vielen Jüdinnen und Juden auf der Welt geteilt. Eine Überwindung der Spaltung der Menschen in Nahost entlang religiöser und nationaler Linien wird nur möglich sein, wenn jegliche Form von Diskriminierung und Entrechtung auf nationaler oder religiöser Basis ein Ende findet.

Jener Antisemitismus, der in Deutschland in den 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu einer faschistischen Diktatur und zu dem fürchterlichen und Menschen vernichtenden Holocaust führte und der bis zu sechs Millionen jüdischen Menschen das Leben kostete, dieses dunkle Kapitel der Geschichte darf sich nie wiederholen. Auch dafür stehen wir ein, auch dafür sind wir gemeinsam mit allen Friedensaktivisten aus Israel, Palästina und weltweit fest verbunden in dem Ziel, ohne Gewalt unser Recht auf Selbstbestimmung einzufordern.

Die Gleichsetzung von Kritik am Vorgehen der israelischen Regierung, an ihrer brutalen tagtäglichen Besatzungsrealität über uns Palästinenser hat nichts mit Antisemitismus zu tun und kann und darf nicht per Gesetz verboten werden. Gerade das jüdische Volk, das so viel erleiden musste in seiner Geschichte, muss das Selbstbestimmungsrecht der Völker endlich akzeptieren und den Weg frei machen für einen dauerhaften gerechten Frieden mit uns Palästinensern. Die Frage der staatliche Verfasstheit ist die Frage , wie das Selbstbestimmungsrecht des palästinensischen Volkes garantiert werden kann. Wir kritisieren heute die brutale Besatzung über unser Volk und wissen, es ist fünf vor zwölf! Die israelische Regierung bereitet die Annektion des Westjordanlands vor. Jeder Schritt von Annektion wird einhergehen mit sich verschärfenden Formen von Vertreibung unseres Volkes , Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis!

Netanjahu ist sehr deutlich, wenn er über seine politischen Ziele spricht. Er wird niemals einen palästinensischen Staat akzeptieren, weil er niemals das Selbstbestimmungsrecht des palästinensischen Volkes anerkennen wird.

Zitat: „Ich will Palästinenser nicht als Bürger Israels und ich will sie nicht als Untertanen Israels. Also will ich eine Lösung, in der sie all die Macht haben, die sie brauchen, um sich selbst zu regieren, aber keine Macht, die uns bedrohen könnte. Was das bedeutet, ist, dass wie auch immer die Lösung aussehen wird, das Gebiet westlich des Jordans – das umfasst die palästinensischen Gebiete – militärisch Israel unterstehen wird. Die Sicherheit, die über allem stehende Sicherheitsverantwortung läge bei Israel.“
https://palaestina-nachrichten.de/2018/03/08/netanyahu-die-besatzung-wird-niemals-enden/

Wir als Palästinenser fordern lediglich die Einhaltung internationalen Rechts, des Völkerrechtes, das in gleicher Weise für alle gelten muss. Israel ist bis heute nicht bereit, diese Resolutionen anzuerkennen und sich aus den 1967 widerrechtlich okkupierten palästinensischen Gebieten zurückzuziehen. Wir stellen nicht die Existenz Israels in Frage. Aber wir fragen was haben wir Palästinenser für eine Zukunft ?
Wer sich vehement gegen Antisemitismus wehrt und ihn in all seinen Formen bekämpft, ist kein Feind der Palästinenser oder eines unabhängigen palästinensischen Staats. Von Christen, Muslimen, Hindus, einer anderen Glaubensgemeinschaft oder von Atheisten gelebter Antisemitismus hat nie eine Daseinsberechtigung.

Wer Antisemitismus nutzt, um damit anti-muslimische Ressentiments zu schüren, tut der jüdischen Gemeinschaft rund um den Globus keinen Gefallen. Er hetzt lediglich Menschen gegen andere Glaubensgemeinschaften auf, lenkt aber davon ab, dass in europäischen Staaten wie Deutschland nicht Muslime, sondern allen voran waschechte Nazis aus der „Heimat“ immer noch am häufigsten Antisemiten sind und gegen Juden gerichtete Verbrechen begehen. Gerade diese braune Soße hetzt unterschiedslos gegen Flüchtlinge und Muslime und ist stets auf der Suche nach dem nächsten Feindbild.

Wir akzeptieren nicht die Interpretation, dass Boykottaufrufe gegen Israel Antisemitismus sind, , dann wären Millionen von Juden, die die gewaltfreie zivilgesellschaftliche Kampagne BDS unterstützen Antisemiten. Absurd ist auch, dass der Boykott gegen Israel sich auch „gegen das jüdische Volk“ richtet. BDS hat nichts mit dem jüdischen Volk zu tun, zumal viele Juden sich zu dieser Bewegung bekennen, weil sie Besatzungsgegner sind und um die Demokratie in Israel bangen Deutsche Politiker, die das nicht zur Kenntnis nehmen, sind unwissend oder ignorieren aus politischen Interessen die Realität vor Ort. BDS richtet sich ganz klar gegen die Besatzungspolitik Israels. Diese Boykottbewegung kann sofort beendet werden, wenn Israel die völkerrechtswidrige Besetzung Palästinas beendet. Die BDS-Bewegung besteht auch aus tausenden, Israelis und Juden überall auf der Welt, die für die Würde aller Menschen in Israel und Palästina eintreten und für die Wahrung der Menschenrechte, vor allem der unserer Kindern in den israelischen Gefängnissen, wie Ahed Tamimi.

Wir möchten aber Gelegenheit nutzen kurz daran erinnern, dass wir die Palästinenser auch Opfer des Holocaust sind. Wir sind die Opfer der Opfer und insofern auch Opfer der Deutschen. Es ist des-halb höchste Zeit, dass die deutsche Politik und auch die Weltpolitik sich um uns kümmern.
Ilana Hammermann, einer vielfach ausgezeichneten Übersetzerin deutscher und französischer Literatur und Gideon Levy, einer der bekanntesten israelischen Publizisten schreiben: (Zitatnachweis)
„Ein Wirtschaftsboykott – oder zumindest Sanktionen, wie sie gegenüber dem Iran verhängt wurden – dürfte seine Politik (die des Staates Israel) mit Sicherheit beeinflussen… Aber es ist angemessen, dass der Boykottaufruf von innerhalb Israels kommt – von jenen braven Bürgern, die hier leben und sich ängstigen um ihr und ihres Landes Schicksal… Also, mobilisieren wir Zivilcourage, und gehen wir an die Öffentlichkeit mit einem ruhigen, nüchternen Aufruf an die internationale Gemeinschaft, über Israel einen Wirtschafts-Boykott zu verhängen. Ja, über den Staat Israel, nicht nur über die Siedlungen, denn schon seit Langem gibt es keine zwei Wirtschaftssysteme mehr: über die Grüne Linie hinweg [die Grenze von vor 1967] existiert nur eine einzige Wirtschaft.

Und Gideon Levy schrieb in derselben Zeitung: „Der Tag, an dem die Mehrheit weiß, dass sie für die Siedlungen zu zahlen hat, wird der Anfang vom Ende für diese sein. Der Tag, an dem der Schaden spürbar ist, durch Ausgrenzung und ökonomische Sanktionen, wird der Tag des Weckrufs sein. Deswegen sind Boykotte und Sanktionen so notwendig für Israel. Deswegen kann die BDS-Bewegung Israel immer noch retten.“

Überdenken Sie ihren Antrag. Er bedeutet in Teilen eine Einschränkung der grundgesetzlich garantierten Meinungsfreiheit und eine Entmündigung der BürgerInnen in Thüringen. Er kriminalisiert die offene demokratische Debatte und schafft damit ein Klima der Angst, Verunsicherung und Lähmung.

Zum stolzen humanistischen Erbe der Weimarer Klassik zählen Menschlichkeit und Toleranz.!

Mit freundlichen Grüßen

Palästinensische Stimme Berlin e.V.
Berlin, 23.03.2018

Kontakt: voiceofpalestine2014@gmail.com


Quelle: https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=1022423161242084&id=418665251617881