BNC

Reaktion der palästinensischen Zivilgesellschaft auf den genozidalen Trump-Netanjahu-Plan

Als Antwort auf den illegalen, kolonialistischen israelisch-amerikanischen „Trump-Plan“ bekräftigt die palästinensische Zivilgesellschaft ihre Forderung nach Anerkennung und Umsetzung der Rechte des palästinensischen Volkes und ruft zu einer Verstärkung des BDS-Drucks auf, um alle Formen von staatlicher, unternehmerischer und institutioneller Komplizenschaft mit Israels System von Siedlerkolonialismus, militärischer Besatzung, Apartheid und Völkermord zu beenden.

Besetztes Palästina, 9. Oktober 2025 – Als Reaktion auf den sogenannten Trump-Plan – ein Vorhaben, das in erster Linie von Israels faschistischer Regierung entworfen wurde, um sie aus ihrer beispiellosen weltweiten Isolation zu retten – und angesichts des anhaltenden, live übertragenen US-israelischen Genozids an Millionen Palästinenser*innen in Gaza sowie unter Anerkennung der Vielfalt politischer Positionen innerhalb der palästinensischen Parteien besteht dennoch in den folgenden fünf grundlegenden Punkten ein breiter Konsens an der Basis und in der Zivilgesellschaft des palästinensischen Volkes:

1. Unsere Rechte sind unveräusserlich, unverletzlich und nicht verhandelbar

Die Rechte des indigenen palästinensischen Volkes sind unveräusserlich und im Völkerrecht verankert(1). Sie können nicht eliminiert, entzogen oder von irgendeinem wahnsinnigen Völkermörder, der vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) gesucht wird, neu definiert werden – auch nicht von einem selbsternannten „Kaiser“, der in einer gerechteren Welt selbst vor dem IStGH stehen müsste, oder von einem regionalen Despoten oder autoritären Regime.

Die Abschaffung von Israels System des Siedlerkolonialismus, der Apartheid und der illegalen militärischen Besatzung ist eine notwendige Voraussetzung dafür, dass das palästinensische Volk seine Rechte ausüben kann – einschliesslich des Rechts auf Selbstbestimmung und des Rechts der palästinensischen Geflüchteten auf Rückkehr und Wiedergutmachung.

Der legendäre Widerstand unseres Volkes und seine Standhaftigkeit (sumud)– insbesondere in Gaza, aber auch in Jerusalem, Dschenin, Akka, Haifa sowie in den Flüchtlingslagern im gesamten historischen Palästina und im Exil – nähren unsere Hoffnung und unseren unbeirrbaren Willen, unsere Rechte zu verteidigen und alle Versuche, sie zu untergraben, zu vereiteln – so, wie es unsere Vorfahren seit Jahrhunderten gegenüber allen Kolonialmächten getan haben.

Die Palästinenser*innen sind entschlossen, sicherzustellen, dass Israel und alle mitverantwortlichen Akteur*innen und Individuen für ihre Rolle im Völkermord und in anderen seit der Nakba begangenen Verbrechen – auch während der laufenden Nakba – zur Rechenschaft gezogen werden.

2. Der israelisch-amerikanische Plan ist nötigend, kolonialistisch und eindeutig illegal

Internationale „Abkommen“, die durch Zwang zustande kommen, sind null und nichtig(2). Darüber hinaus verstösst dieser Plan gegen die UN-Charta sowie gegen das unveräusserliche Recht des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung und Souveränität(3) – und ist damit vergleichbar mit der Zwangsherrschaft, die europäische Kolonialmächte vor Jahrzehnten über unterworfene Völker verhängten.

Selbst wenn er umgesetzt würde, würde sich jede US-geführte Verwaltung in Gaza auf einer rechtlich ungültigen Grundlage stützen; jede ihrer Handlungen hätten diesen Charakter von Illegitimität und könnte völkerrechtlich angefochten werden. Die Unzulässigkeit des Trump-Plans wird somit die rechtliche und moralische Grundlage für den anhaltenden Widerstand und die weltweites Eintreten gegen jede aufgezwungene Herrschaft in Gaza sein.

Der Internationale Gerichtshof (IGH) hat im Juli 2024 festgehalten, dass Israels gesamte Präsenz im besetzten palästinensischen Gebiet unrechtmässig ist, Apartheid darstellt und beendet werden muss. Staaten sind gemäss Völkerrecht dringend dazu verpflichtet, dieses illegale Regime weder anzuerkennen noch zu unterstützen, ihre Komplizenschaft zu beenden und aktiv zu dessen Abschaffung beizutragen – wie dies auch in der Resolution der UN-Generalversammlung vom 19. September 2024 bekräftigt wurde und im Fall der Massnahmen gegen das südafrikanische Apartheidregime geschehen ist.

3. Der internationale BDS-Druck wirkt stärker denn je – die Ära rechtsbasierter Sanktionen hat begonnen

Der international gesuchte israelische Regierungschef hat kürzlich selbst eingestanden, dass Israel global isoliert ist wie nie zuvor. Dieser israelisch-amerikanische Plan muss daher als verzweifelter Versuch verstanden werden, den dominierenden Einfluss Israels auf die US-Regierung voll in die Waagschale zu legen, um den genozidalen Staat vor dieser Isolation zu retten.

Die Isolation und der feststellbare Wandel der politischen Haltungen sind in erster Linie das Ergebnis der beharrlichen, prinzipientreuen und strategischen Solidarität von Millionen Menschen weltweit – Gewerkschafter*innen, Studierenden, Bäuer*innen, Künstler*innen, Wissenschaftler*innen sowie Mitglieder antirassistischer, sozialer und queerfeministischer Bewegungen und der Moblisierungen für Klima- und wirtschaftliche Gerechtigkeit.

Von Malaysia bis Kolumbien, von Slowenien bis Spanien, von der Türkei bis Antigua und Barbuda und vielen weiteren Staaten beginnen Regierungen endlich, ihrer rechtlichen Pflicht nachzukommen und militärische, energiepolitische, wirtschaftliche und andere Verbindungen zu Israels genozidalem Regime zu kappen.

Unternehmen und Investor*innen ziehen sich zunehmend aus Apartheid-Israel zurück oder zahlen einen hohen Preis für ihre anhaltende verbrecherische Komplizenschaft – wie u. a. die Kampagnen gegen Microsoft, McDonald’s, Coca-Cola und Carrefour zeigen.

In Italien haben Gewerkschaften und Arbeiter*innen zu  Generalstreiks aufgerufen, in Irland kam es zu Arbeitsniederlegungen und in Marokko fanden Massenproteste gegen den Transport von Militärgütern statt.

„BDS und Boykotte haben Israels globales Handelsumfeld verändert“, räumte kürzlich ein hochrangiger israelischer Wirtschaftsvertreter ein. Hunderte kulturelle Institutionen, Dutzende Universitäten und zehntausende Schriftsteller*innen, Musiker*innen, Künstler*innen und Filmemacher*innen – darunter viele in Hollywood – beenden ihre Komplizenschaft und lösen ihre Beziehungen zu Israel auf.

Heute gilt: Wer für Gerechtigkeit und Freiheit eintritt, unterstützt die palästinensische Befreiung und widersetzt sich der Komplizenschaft mit Israels genozidaler Vorherrschaft.

4. Was Palästinenser*innen von der globalen Solidaritätsbewegung erwarten

Selbst wenn der aktuelle Waffenstillstand Bestand haben sollte, enden weder der Genozid noch die Hungersnot oder die Folgen der Zerstörung Gazas. Solidarität wird dringender gebraucht denn je und beginnt mit der Beendigung der Komplizenschaft – einer moralischen und rechtlichen Verpflichtung.

Der palästinensische Konsens fordert von der globalen Solidaritätsbewegung, insbesondere von Gewerkschaften, Massenbewegungen und verantwortungsbewussten Menschen:

  • die umfassenden Rechte des palästinensischen Volkes zu respektieren und einzufordern (vor allem die drei Rechte, die im historischen BDS-Aufruf von 2005 genannt werden); und
  • Israels Unterdrückungsregime zu isolieren, indem jegliche staatliche, unternehmerische und institutionelle Komplizenschaft beendet wird.
5. Aufruf zu dringenden Solidaritätsaktionen, um die Komplizenschaft zu beenden

Wir bekräftigen den bereits von einem breiten Konsens palästinensischer Gewerkschaften und der Zivilgesellschaft ausgesprochenen Aufruf zu friedlichen Störaktionen gegen die Komplizenschaft, insbesondere durch(4):

  • Blockieren, Besetzen oder anderweitiges Stören strategisch wichtiger Strassen, Brücken, Häfen und Einrichtungen von Unternehmen, die technologisch, militärisch, medial, finanziell oder anderweitig in Kolonialismus, Genozid und Apartheid verwickelt sind.
  • Massenproteste und friedliche Störaktionen vor Regierungsgebäuden (z. B. Handels-, Verkehrs- oder Aussenministerien) oder Parlamenten, um sie aufzufordern, dass sie ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen nachkommen, darunter:
    • Ein vollständiges Waffenembargo gegen Israel, einschliesslich der sofortigen Beendigung aller Waffenabkommen, -importe, -exporte und -transfers (inklusive Dual-Use-Güter), wie es Dutzende UN-Menschenrechtsexpert*innen fordern;
    • Die Aufhebung oder Aussetzung von Wirtschaftsbeziehungen, Handelsabkommen und Forschungskooperationen mit Israel, die zu dessen illegaler Präsenz und seinem Apartheidregime im besetzten palästinensischen Gebiet beitragen könnten;
    • Beitritt zur Hague Group, der bislang vielversprechendsten zwischenstaatlichen Initiative zur Förderung konkreter Sanktionen und wirksamer Massnahmen zur Rechenschaftspflicht, sowie Unterstützung und Umsetzung der Bogotá-Erklärung;
    • Den Entzug Israels Akkreditierung bei der UN-Generalversammlung sowie rechtsbasierte Sanktionen, wie sie gegen das südafrikanische Apartheidregime verhängt wurden;
    • Anpassung von Einwanderungs- und Visapolitiken im Einklang mit internationalen Rechtsstandards, einschliesslich der Aufhebung von Abkommen, die Israelis von der Visumpflicht befreien, und Kontrollen zu mutmasslichen israelischen Kriegsverbrecher*innen.
  • Streiks, wo durchführbar, sowie Verweigerung der Komplizenschaft mit dem Genozid in Institutionen und am Arbeitsplatz, einschliesslich Universitäten, Stadtverwaltungen u. a.(5);
  • Ausweitung der Boykottkampagnen im Einklang mit zentralen Zielen der BDS-Bewegung – einschliesslich friedlicher Störaktionen in Geschäften und an Hauptsitzen von Unternehmen sowie digitaler Aktionen in sozialen Medien;
  • Breite, intersektionale Kampagnen, um Institutionen wie Stadtverwaltungen, Universitäten, Gewerkschaften und Krankenhäuser zu verpflichten, ethische Beschaffungs- und Investitionsrichtlinien einzuführen, die Unternehmen ausschliessen, die wissentlich an schweren Menschenrechtsverletzungen beteiligt sind.

Gemeinsam können und müssen wir jede Form der Komplizenschaft mit Israels kolonialem Plan zur Auslöschung der indigenen Bevölkerung Palästinas beenden.

Gemeinsam können wir die israelische Apartheid zu Fall bringen – so wie einst die südafrikanische Apartheid. Alles andere wäre ein Versagen der Menschlichkeit.

Unterzeichnende

  • Palestinian General Federation of Trade Unions (PGFTU – Gaza)
  • Council of National and Islamic Forces in Palestine
  • Palestinian BDS National Committee (BNC) 
  • Global Palestine Right of Return Coalition
  • General Union of Palestinian Workers
  • Palestinian Federation of New Unions
  • General Union of Palestinian Teachers (GUPT)
  • Palestinian Federation of Unions of University Professors and Employees (PFUUPE)
  • General Union of Palestinian Women
  • General Union of Palestinian Writers
  • Agriculture Engineers Association – Jerusalem Center
  • Palestinian Union of Postal, IT & Telecommunications Workers
  • Palestinian National Institute for NGOs
  • Federation of Independent Trade Unions
  • Veterinarians Syndicate – Jerusalem Center
  • Occupied Palestine and Syrian Golan Heights Initiative (OPGAI)
  • Union of Palestinian Farmers
  • Grassroots Palestinian Anti-Apartheid Wall Campaign (STW)
  • Palestinian Campaign for the Academic & Cultural Boycott of Israel (PACBI)
  • Popular Struggle Coordination Committee (PSCC)
  • Civic Coalition for the Defense of Palestinian Rights in Jerusalem
  • Coalition for Jerusalem
  • Union of Palestinian Charitable Organizations
  • Women’s Campaign to Boycott Israeli Products
  • National Committee for Grassroots Resistance
  • Southern Electricity Company Employees Union
  • Association of Employees of The Financial Sector, Palestine 
  • Health Services Employees’ Association
  • Union of Workers in Kindergartens and Private Schools
  • Jawwal Employee Association
  • Union of Workers‘ Unions in Local Authorities – Hebron
  • Palestinian Electricians Union – Hebron

Fussnoten

(1) Artikel 1 Absatz 2, Artikel 2 Absatz 4 und Artikel 55 der Charta der Vereinten Nationen; Internationaler Gerichtshof (IGH), Gutachten zur Legalität der Besetzung; Artikel 47 des Vierten Genfer Abkommens; Resolution 1514 (XV) der Generalversammlung der Vereinten Nationen, Erklärung über die Gewährung der Unabhängigkeit an koloniale Länder und Völker; sowie das Recht auf Selbstbestimmung und die Freiheit von Kolonialisierung als Völkergewohnheitsrecht, bestätigt im Gutachten des IGH zu den Chagos-Inseln.

(2) Internationale Übereinkommen, die unter Androhung oder Anwendung von Gewalt im Widerspruch zu den Grundsätzen des Völkerrechts geschlossen werden, sind nichtig. Vgl. den Pariser Vertrag (Briand-Kellogg-Pakt); die Wiener Vertragsrechtskonvention; die Erklärung der Wiener Konferenz über das Verbot militärischer, politischer und wirtschaftlicher Zwangsausübung bei Vertragsabschlüssen; sowie das Urteil des Internationalen Gerichtshofs im Fall „Fischereigerichtsbarkeit“ (Fisheries Jurisdiction Case).

(3) Siehe Fussnote 1.

(4) Zur Minimierung rechtlicher Risiken wird empfohlen, sich vorab bei Rechtsvertreter*innen der Bewegung beraten zu lassen.

(5) Wenn ein Streik den Beschäftigten erheblichen Schaden zufügen könnte, wird empfohlen, sich stattdessen „krankzumelden“ – krank von Israels Genozid, vom Einsatz von Hunger als Waffe und von der Komplizenschaft der eigenen Institution mit beidem.

Palestinian civil society reacts to the Trump-Netanyahu genocidal plan
Dank an BDS Schweiz für die Übersetzung ins Deutsche