Sich gegen Militarismus von Israel nach Europa organisieren
Wir dokumentieren hier einen wichtigen Beitrag, den wir von BDS Schweiz übernommen haben.
Die EU hat Milliarden in israelische Rüstungsunternehmen investiert, um ihre Grenzschutzagentur Frontex stärker zu bewaffnen. Der Zusammenschluss zu einer globalen Antimilitaisierungs-Bewegungist unerlässlich.
Bis Ende 2020 wurden laut Angaben des UNHCR weltweit insgesamt 82,4 Millionen Menschen gewaltvoll aus ihrer Heimat vertrieben. Die Zahl Vertriebener hat sich seit 1990 weltweit verdoppelt und wird in den kommenden Jahrzehnten voraussichtlich noch erheblich ansteigen. Gründe für diese Annahme sind eine Reihe von Faktoren, darunter bewaffnete Konflikte und andere Formen der Gewalt sowie der Klimawandel, die den Migrationsdruck verschärfen werden.
Vertreibung findet im Kontext eines kapitalistischen Wirtschaftssystems statt, in dem Gewinne sowohl durch den Verkauf von Waffen, die Konflikte und Kriege auslösen, als auch durch die Militarisierung von Migrationsrouten und Grenzen erzielt werden. Neben der stetigen Zunahme des Wertes des Waffenhandels und der steigenden Zahl von Vertriebenen wächst der Markt für Grenzsicherung mit einem erwarteten Wert von 65-68 Milliarden US-Dollar bis 2025. Kriege sind hochprofitabel, und so wird es der Krieg gegen Migrant_Innen zunehmend auch.
Die israelische Militärtechnologie, das Herzstück eines Systems von Kolonialismus, Apartheid und Besatzung, ist ein wichtiger Akteur in der internationalen Waffenindustrie. „Erprobt an Palestinenser_innen, werden isrealische Waffen an Staaten sowie private Agenturen auf der ganzen Welt verkauft und israelische Rüstungsunternehmen sind heute feste Partner von Grenzschutzagenturen der Europäischen Union wie Frontex, wodurch sie die Militarisierung der EU-Grenzen vorantreiben.
Die israelische Rüstungsindustrie ist Teil eines globalen Prozesses der Grenzmilitarisierung in einer Welt, die zunehmend von profitorientierten Konflikten und Militarismus geprägt ist, was zu weiteren Vertreibungen führt – mehr Migration und mehr Menschen, die Zuflucht suchen. Die Kämpfe für Bewegungsfreiheit und gegen Militarismus müssen darauf abzielen, diese Zusammenhänge deutlich zu machen, damit wir die Probleme an der Wurzel packen können.
FRONTEX UND DIE MILITARISIERUNG DER EU-GRENZEN
Frontex spielt eine wichtige Rolle bei der Militarisierung der europäischen Grenzen, bei der Kriminalisierung von Migranten und der Überwachung ihrer Bewegungen. Eines der Hauptziele von Frontex ist die Identifizierung von Migranten und die Organisation von Maßnahmen zu ihrer Rückführung in ihre Herkunftsländer. Die Agentur arbeitet zunehmend mit Drittländern wie Libyen, Sudan, der Türkei und Weißrussland zusammen, um die Eindämmungs- und Abschiebungsbemühungen über die EU-Zuständigkeit hinaus zu koordinieren.
Im Jahr 2020 warfen Hilfsorganisationen der EU vor, notgelaufene Migrant_innen im Mittelmeer aus der Luft zu überwachen und die libysche Küstenwache zum Eingreifen zu alarmieren – eine Maßnahme, die illegale Abschiebungen erleichtert, während nichtstaatliche Rettungsaktionen aktiv verhindert und kriminalisiert werden. Aufgegriffene Migranten werden in Libyen willkürlich in Haftanstalten untergebracht, wo sie Menschenrechtsverletzungen wie Folter, sexueller Gewalt und Verweigerung der medizinischen Versorgung ausgesetzt sind. Auch an der griechisch-türkischen Grenze haben Menschenrechtsorganisationen dokumentiert, dass die offizielle Küstenwache, darunter Frontex und die nationale Küstenwache, Flüchtlinge in die Türkei zurückschicken.
Der Ausbau der besagten Grenzschutzagentur war in den letzten Jahren ein Schlüsselelement der EU-Politik. Frontex verfügt nun über ein Budget von 5,6 Milliarden Euro bis 2027 und plant, bis zum Ende dieses Zeitraums 10.000 bewaffnete Grenzschutzbeamte einzustellen. Ihr Budget ist seit 2005 um unglaubliche 7.560 % gestiegen, wobei die neuen Mittel für den Kauf von Ausrüstung wie Schiffen, Hubschraubern und Drohnen verwendet werden. Die Festung Europa wird immer mehr von Mauern und Zäunen bedeckt: Seit dem Fall der Berliner Mauer im Jahr 1989 haben die europäischen Länder 1.200 Kilometer Zäune gebaut oder mit dem Bau begonnen, was fast 40 % der Länge der Grenze zwischen den USA und Mexiko entspricht.
Was hat Israel mit all dem zu tun?
In diesem Prozess der Grenzsicherung kaufen sowohl die EU-Sicherheitsbehörden als auch die europäischen Staaten militärische Ausrüstung, darunter Kleinwaffen, Drohnen, Schiffe und Cybersecurity-Technologie, die zum großen Teil aus der EU stammt. An dieser Stelle kommt auch die israelische Rüstungsindustrie ins Spiel. Wie die israelische Datenbank für Militär- und Sicherheitsausrüstung (DIMSE) zeigt, spielen israelische Waffen eine wichtige Rolle bei der Militarisierung der EU-Grenzen.
Zu den israelischen Waffen, die unter anderem von Italien, Griechenland und Deutschland gekauft wurden, gehören Drohnen, Radarsysteme und Patrouillenschiffe. Noch interessanter sind jedoch die direkten militärischen und sicherheitspolitischen Beziehungen zwischen Israel, der Europäischen Union und den EU-Sicherheitsbehörden.
Während die „Hilfe“ der USA für Israels Sicherheitskapazitäten, die sich auf etwa 3,8 Milliarden Dollar pro Jahr beläuft, gut dokumentiert ist, wird die Zusammenarbeit der EU mit Israel von Kritikern oft vernachlässigt.
Als assoziierter EU-Staat unterhält Israel seit vielen Jahren enge wirtschaftliche und diplomatische Beziehungen zur EU. Über Forschungs- und Innovationsfonds hat die EU Milliarden in israelische Unternehmen und Organisationen investiert, darunter Waffenhersteller wie Elbit, Verint System und Israeli Aerospace Industries (IAI). Unter Dutzenden von EU-finanzierten Projekten seit 2007 haben IAI und Elbit Berichten zufolge Verträge zur Entwicklung von Drohnen für europäische Sicherheitsbehörden wie Frontex und EMSA (Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs) abgeschlossen, um „illegale Migranten“ und „nicht kooperative Fahrzeuge“ „autonom“ zu stoppen.
Nach der Durchführung von Testflügen zwischen 2018 und 2020 erhielt IAI im Jahr 2020 den Auftrag, Frontex mit der Heron-Drohne für maritime Patrouillen auszustatten. Wie die Times of Malta berichtet, hat die EU-Grenzschutzagentur Anfang Mai 2021 einen ersten Testflug in Malta durchgeführt. Aus verschiedenen Flugberichten geht hervor, dass die Heron-Drohnen im Juni 2021 an der libyschen Grenze im Einsatz waren.
Das zentrale Problem dabei ist, dass Drohnen ein wirksames Mittel sind, um sich der völkerrechtlichen Verpflichtung der EU zu entziehen, das Leben derjenigen zu retten, die versuchen, das Mittelmeer zu überqueren – wozu sie bei Patrouillenfahrten mit Schiffen verpflichtet waren. Darüber hinaus wird Frontex im Rahmen des neuen Abkommens weiterhin aus der Luft in der Region präsent sein, um die verschiedenen Migrantenboote, die die libysche Küste verlassen, zu beobachten und diese Informationen an die libysche Küstenwache weiterzuleiten.
Die Entscheidung von Frontex, die Investitionen in Seepatrouillenschiffe zurückzuziehen und in Drohnen umzuleiten, ist ein Weg, Geld auszugeben, ohne die Verantwortung für die Rettung von Menschenleben wahrzunehmen. Außerdem wird ihnen dadurch ermöglicht, Abschiebungen durch Drittländer zu organisieren. Zusätzlich zu den israelischen Drohnen betreibt die EU europäische Luftfahrzeuge und testet neue Robotersysteme, darunter Kurz- und Langstreckendrohnen.
Israel ist im Wesentlichen eine Anlaufstelle für Länder, die ihre Grenzen sichern und militarisieren wollen. In den letzten 20 Jahren sind israelische Militärunternehmen, Spezialisten und Generäle auf Messen für Grenzschutz und innere Sicherheit immer stärker in Erscheinung getreten. In diesem Zeitraum hat sich Israel zu einem der zehn größten Rüstungsexporteure der Welt und zu einem führenden Anbieter und Abnehmer im Bereich der Grenzsicherheitsindustrie entwickelt. Die israelische Rüstungsindustrie betreibt seit Jahren Lobbyarbeit, um einen Anteil an den milliardenschweren Ausgaben der EU für die Militarisierung der Grenzen zu erhalten.
Im Februar 2021 veröffentlichte eine Gruppe europäischer Journalisten die „Frontex Files„, eine Liste von Treffen zwischen Frontex und verschiedenen Lobbyisten, darunter israelische Sicherheitsunternehmen wie das bereits erwähnte Elbit sowie Shilat Optronics und Seraphim Optronics, die sich auf Gesichtserkennungstechnologien spezialisiert haben. Ein weiteres an Frontex-Operationen beteiligte Unternehmen ist Israeli Shipyards, welches Kriegsschiffe herstellt.
Eine weitere von internationalen Forscher_Innen und Aktivist_Innen beobachtete Entwicklung ist der zunehmende Einsatz von Überwachungstechnologien zur Verfolgung von Bewegungen und persönlichen Daten über Smartphones. Einwanderungsbehörden in ganz Europa zeigen neue Begeisterung für Gesetze und Software, die die Verwendung von Telefondaten in Abschiebefällen ermöglichen. Auch in diesem Zusammenhang ist israelische Cybertechnologie sehr gefragt: Der berüchtigte Spionagesoftware-Anbieter NSO Group wird seit langem von europäischen Geheimdiensten genutzt.
Cellebrite, ein weiteres besonders problematisches israelisches Unternehmen, soll in zahlreiche Menschenrechtsverletzungen auf der ganzen Welt verwickelt sein und hat bereits 7.000 Verträge mit staatlichen und privaten Gruppen – darunter die nationale Polizei von 25 EU-Mitgliedstaaten. Wie Privacy International berichtet, wirbt das israelische Unternehmen für seine Technologien, mit denen es Daten von Mobilgeräten extrahiert, bei einer neuen Zielgruppe: Behörden, die Asylbewerber_Innen befragen. Im Jahr 2017 wurde die Technologie von Cellebrite in einer Testphase vom deutschen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge genutzt. Im Jahr 2018 wurde berichtet, dass die britische Polizei die mobilen forensischen Technologien von Cellebrite nutzt, um auf die Suchhistorie von Verdächtigen zuzugreifen, und dass die britische Einwanderungsbehörde im selben Jahr eine Vereinbarung über 45.000 Pfund mit dem Unternehmen geschlossen hat. Zwischen 2014 und 2016 nahm Cellebrite auch an EVIDENCE (European Informatics Data Exchange Framework for Courts and Evidence) teil, einem lukrativen Forschungs- und Entwicklungsprogramm der EU.
DIE KEHRSEITE DER MEDAILLE
Die Kehrseite der Medaille ist der Einsatz dieser Technologien und Waffen hier in Palästina/Israel. Israel nutzt Militär- und Sicherheitstechnologien, um sein System von Siedlungskolonialismus, Apartheid und Besatzung aufrechtzuerhalten. Israels Verstöße gegen das Völkerrecht und die Begehung von Kriegsverbrechen bei seinen unerbittlichen Angriffen auf die Palästinenser_Innen im Gazastreifen im Mai 2021 sind gut dokumentiert, und antimilitaristische Aktivist_Innen recherchieren derzeit, welche Waffen bei den Angriffen auf den Gazastreifen verwendet wurden, um neue Entwicklungen im militärisch-industriellen Komplex Israels zu verfolgen.
Die israelischen Sicherheits- und Militärunternehmen arbeiten direkt mit der israelischen Armee zusammen und versorgen sie mit Ausrüstung und Waffen für ihre Operationen. Diese Beziehung bedeutet, dass militärische Operationen im Gazastreifen und im Westjordanland als Labor für israelische Rüstungsunternehmen genutzt werden, wo sie ihre Waffen entwickeln, testen und dann als „kampferprobt“ vermarkten können. Es wird nicht lange dauern, bis israelische Unternehmen nach dem jüngsten Angriff auf den Gazastreifen, bei dem mindestens 129 palästinensische Zivilisten, darunter 65 Kinder, getötet, mehr als 1.000 Häuser zerstört und mehr als 1.000 weitere schwer beschädigt wurden und mehr als 8.000 Menschen obdachlos wurden, ihre neue Ausrüstung erneut als „kampferprobt“ bewerben.
Für eine Rüstungsindustrie, die sich seit Jahren auf die Vermarktung „kampferprobter“ Produkte verlässt, kann die nächste Schlacht nicht früh genug kommen. Durch die EU-Finanzierung dieser Unternehmen wird Israel in die Lage versetzt, seine Kriegsverbrechen und Verstöße gegen die Menschenrechte und das Völkerrecht fortzusetzen, was die EU an diesen Verstößen mitschuldig sein lässt.
Dies bringt uns zurück zur Heron-Drohne, die Frontex derzeit im Mittelmeerraum einsetzt. Heron-Drohnen haben eine dunkle Geschichte des Einsatzes gegen Palästinenser_Innen. Bereits nach der Operation „Gegossenes Blei“ im Gaza-Streifen Ende 2008 und Anfang 2009 kam eine Untersuchung der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch zu dem Schluss, dass Dutzende von Zivilist_Innen durch von israelischen Drohnen abgeschossene Raketen getötet wurden. Auch bei der letzten großen Anschlagswelle im Mai 2021 wurde der Heron häufig eingesetzt.
Am 1. Juni, weniger als zwei Wochen nach dem Waffenstillstand, gab Israeli Aerospace Industries (IAI) eine Pressemitteilung heraus, in der der Verkauf von Heron-Drohnen im Wert von 2 Milliarden Dollar angekündigt wurde. In der Pressemitteilung heißt es: „Die Drohnen der Heron-Familie sind die bekanntesten Drohnen des IAI und spielten eine wichtige und entscheidende Rolle bei der Sammlung von Informationen während der Operation ‚Guardian of the Walls‘.“ Geschäftsführer des IAI Boaz Levy fuhr fort: „Dieser Vertrag ist ein Beweis für die hohe Kundenzufriedenheit mit den Heron-Drohnen, insbesondere mit ihrer operativen und technischen Leistung.“
Israels Technologien, die Teil eines Systems der Apartheid, des Siedlerkolonialismus und der Besatzung sind, an Palästinenser_Innen getestet und an Diktator_Innen in aller Welt verkauft werden, werden nun auch eingesetzt, um Migrant_Innen an der Einreise nach Europa zu hindern. Unter diesen Tausenden von Menschen befinden sich natürlich auch palästinensische Flüchtlinge, die auf griechischen Inseln festsitzen oder in die Türkei zurückgedrängt wurden in ihrem Versuch, ein wenig relative Freiheit und Sicherheit fernab der israelischen Apartheid zu finden.
ZU EINEM GEMEINSAMEN ANTIMILITARISTISCHEN KAMPF
Die Aufrechterhaltung einer Tradition der internationalen Zusammenarbeit zwischen politischen Bewegungen ist in Zeiten der wirtschaftlichen und militaristischen Globalisierung von entscheidender Bedeutung. Solidaritätsaktionen und gewaltfreie Interventionen – beides Aktionen, die von „Außenstehenden“ in einem Konflikt in Zusammenarbeit mit den Konfliktparteien durchgeführt werden – sind wichtig, aber die Bildung eines gemeinsamen Widerstands gegen den Militarismus ist noch wichtiger.
In den letzten Jahren haben sich einige Formen dieses gemeinsamen Kampfes herausgebildet, eine davon ist die internationale Kampagne „Abolish Frontex“. Im Juni 2021 richteten sich Aktionen in sieben Ländern, darunter Belgien, Deutschland und Marokko, gegen die Agentur. Die Aktionen bildeten den Auftakt der internationalen Kampagne, die dazu aufruft, die Finanzierung von Frontex und des tödlichen europäischen Grenzregime zu stoppen und beide abzuschaffen. Das Netzwerk sieht in modernen Grenzen koloniale und rassistische Konstrukte, die durch die Grenzpolitik der EU institutionalisiert werden.
Die Kampagne „Abolish Frontex“ fordert ein Ende der Militarisierung der Grenzen und Freizügigkeit, Aufenthaltsfreiheit und Existenzsicherung für alle.
Sie richtet sich insbesondere auch gegen die Beiträge der EU zu den Gründen, die Menschen zur Migration zwingen, und gegen die Repression gegen solidarische Aktivist_Innen in Europa. Das Netzwerk der Kampagne ist dezentralisiert und autonom und setzt sich aus Gruppen, Organisationen und Einzelpersonen innerhalb und außerhalb der EU zusammen, vom Senegal und Niger bis nach Griechenland und Italien.
Das „War Resisters International Network“, ein Netzwerk von Veteranen des internationalen gemeinsamen Kampfes gegen den Militarismus, ist nun seit 100 Jahren aktiv und hat über 90 angeschlossene Gruppen in 40 Ländern. Internationale Bewegungen wie die von Palästinenser_Innen angeführte Boykott-, Desinvestitions- und Sanktionsbewegung, Black Lives Matter und Jewish Voice for Peace sind einige wichtige Beispiele für antimilitaristische Bewegungen, die weiterhin Formen des Internationalismus aufbauen, die Trennungen zwischen Kämpfen überwinden.
Auf der lokalen und etwas weniger sichtbaren Ebene muss der gemeinsame antimilitaristische Kampf darin bestehen, eine gemeinsame Sache zwischen den Gruppen zu finden und Möglichkeiten zur Bildung von Koalitionen zu finden. Im israelischen antimilitaristischen Kampf arbeiten zum Beispiel eine Vielzahl verschiedener politischer und aktivistischer Gruppen zusammen. Hier kooperieren Anti-Besatzungsgruppen mit religiösen jüdischen Gruppen im Kampf gegen israelische Waffenexporte in Länder, die die Menschenrechte verletzen. Antimilitaristische Gruppen arbeiten mit Gruppen, die sich für den Klimawandel einsetzen, in einem gemeinsamen Kampf zusammen, der einen Zusammenhang zwischen dem israelischen Kolonialismus, der Besetzung Palästinas und der Zerstörung der Umwelt in der Region sieht.
Eine dieser Gruppen, die israelische feministische und antimilitaristische Gruppe New Profile, zieht Parallelen zwischen dem lokalen Kampf für die Entmilitarisierung der israelischen Gesellschaft und der Bedeutung eines gemeinsamen internationalen Kampfes gegen den Militarismus und setzt einen intersektionellen feministischen Blickwinkel auf die politische Agenda. Neben lokalem Aktivismus, Bildungsarbeit und der Unterstützung von Kriegsdienstverweigerern ist New Profile Mitglied von WRI, Abolish Frontex und anderen internationalen Gruppen und Koalitionen.
DER KAMPF ZUR BEENDIGUNG DES MILITARISMUS IST ZWANGSLÄUFIG GLOBAL
Militarismus ist gekennzeichnet durch Hierarchie, Disziplin, Gehorsam, Ordnung, Aggression und Hypermaskulinität und wird durch die Normen und Werte traditioneller staatlicher Militärstrukturen definiert. Sie ist nicht auf die Streitkräfte beschränkt, da auch andere Institutionen ihre Werte und Praktiken übernehmen – von der Polizei bis zu Sicherheitsagenturen wie Frontex.
Der Militarismus in der Welt wird weiterhin rassistische und gewalttätige Strukturen und Grenzen unterstützen, die darauf abzielen, einen kolonialen und unterdrückerischen Status quo aufrechtzuerhalten. Dies ist nicht nur ein „Problem“ für Friedensorganisationen und -bewegungen, denn es ist mit einem Großteil der Unterdrückung und Gewalt in der heutigen Welt verbunden. Wir müssen die Institutionen und Strukturen, die diesen Status quo stützen, entmilitarisieren. Dies muss in einem radikalen internationalen gemeinsamen Kampf geschehen, in dem Aktivisten zusammenarbeiten und voneinander lernen.
Der Kampf für die Entmilitarisierung der europäischen Grenzen muss zum Beispiel Teil eines globalen antimilitaristischen Kampfes sein, der sich gegen Agenturen wie Frontex richtet, aber auch den militärisch-industriellen Komplex angreift, wie der Israel-EU-Nexus zeigt. Er muss sich mit den globalen und lokalen Strukturen und Prozessen des Militarismus und der Konflikte befassen, die nicht nur die Technologie zur Schaffung von Grenzen hervorbringen, sondern auch die Ursache dafür sind, dass Menschen überhaupt fliehen müssen.
Ein solcher Kampf bedeutet nicht nur „Solidaritätsarbeit“: Bewegungen gegen den Militarismus müssen sich für eine grundlegend andere soziale, wirtschaftliche und politische Ordnung einsetzen. Mit anderen Worten: Sie müssen Kapitalismus, Rassismus und Patriarchat auf die politische Tagesordnung setzen – Themen, die von den politischen Bewegungen und Organisationen des Nordens oft vermieden werden, weil sie die Anerkennung unserer eigenen Widersprüche und Privilegien, die Infragestellung unserer Lebensweise und das Engagement für konkrete Veränderungen erfordern.
Wenn wir eine nachhaltige Alternative zu einer Welt des profitgetriebenen Militarismus und der Gewalt aufbauen wollen, müssen wir dies als Teil der tieferen Herausforderung der Überwindung des globalen Kapitalismus und der rassistischen kolonialen Machtverhältnisse sehen. Daher muss der antimilitaristische Kampf die Beziehung zwischen internationalen feministischen, antirassistischen, antikolonialen, queeren, antikapitalistischen und antifaschistischen Kämpfen einerseits und den mit fortschrittlichen Werten und grundlegenden Menschenrechten verbündeten Gegnern andererseits betonen.
Text von Jonathan Hempel, israelischer Forscher und Aktivist mit Schwerpunkt Militarismus und Waffenexporte, veröffentlicht von der Zeitschrift ROAR
Dank an BDS Schweiz für Veröffentlichung einer deutschen Übersetzung des Artikels