Kriminalisierungsversuche des Deutschen Bundestags, das Grundgesetz und die BDS-Bewegung
Stellungnahme von Redaktion www.bds-kampagne.de
Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags (WD) haben auf Anfrage des Antisemitismusbeauftragten Felix Klein eine Ausarbeitung erstellt und veröffentlicht, die Antworten gibt u.a. auf die Fragen, ob Bundestagsbeschlüsse Auswirkungen auf die Verwaltungspraxis haben können, ob der BDS-Beschluss eine Rechtsgrundlage für Verwaltungshandeln darstellen kann, wie ein Gesetz, das Auftritte oder Veranstaltungen BDS-naher Personen untersagt, verfassungsrechtlich zu bewerten wäre und ob Gemeinden BDS-nahen Personen den Gebrauch von öffentlich-rechtlichen Einrichtungen untersagen können.
Die Antwort ist eindeutig und zeigt den vielen Bundestagsabgeordneten, die den Beschluss des Bundestages vom 17. Mai 2019 ‚Der BDS-Bewegung entschlossen entgegentreten – Antisemitismus bekämpfen‘ verabschiedet haben, enge Grenzen auf.
Es handelt sich lediglich um einen „schlichten“ Parlamentsbeschluss, von dem keine (rechtliche) Verbindlichkeit ausgeht. Aus ihm folgt keine Verpflichtung für Kommunen:
„Der hier betrachtete Beschluss des Bundestages vom 17. Mai 2019 ist als schlichter Parlamentsbeschluss zu bewerten. Er ist nicht auf der Basis einer spezifischen rechtlichen Regelung ergangen und hat daher keine rechtliche Bindungswirkung für andere Staatsorgane. Der Beschluss stellt eine politische Meinungsäußerung im Rahmen einer kontroversen Debatte dar.
Durch den Beschluss werden daher Kommunen nicht verpflichtet, Einzelpersonen oder Organisationen, die der BDS-Bewegung nahestehen und diese unterstützen, die Nutzung öffentlicher Räume zu untersagen. Der Beschluss des Deutschen Bundestages stellt keine Rechtsgrundlage für Entscheidungen dar, durch die Auftritte von Einzelpersonen in öffentlichen Räumen oder mit öffentlichen Mitteln geförderte Veranstaltungen untersagt werden können. Solche Entscheidungen bedürfen stets einer Rechtsgrundlage im Einzelfall.
Hätte der Bundestag den Beschluss als Gesetz verabschiedet, wäre dies verfassungswidrig gewesen.
„Allein die Äußerung dieser Meinung gefährdet noch nicht die öffentliche Ordnung als Friedlichkeit der öffentlichen Auseinandersetzung. Ein derartiges Gesetz wäre nicht mit dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit zu vereinbaren und daher verfassungswidrig.„
Die Kriminalisierungsversuche des Parlaments und der Bundesregierung müssen in Zusammenhang mit der Entstehungsgeschichte der BDS-Kampagne und der Bedeutung des internationalen Rechts nach dem 2. Weltkrieg gesehen werden. Der Anlass für die Ausrufung der BDS-Kampagne am 9. Juli 2005 war das Ausbleiben einer Umsetzung des Gutachtens des Internationalen Gerichtshofs (IGH) vom 9. Juli 2004 über die Rechtsfolgen des Baus einer Mauer in dem besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich in Ost-Jerusalem und seiner Umgebung, in dem es heisst:
„Alle Staaten sind verpflichtet, die illegale Situation, die Ergebnis des Baus der Mauer ist, nicht anzuerkennen und keine Hilfe dabei zu leisten, die Situation aufrecht zu erhalten, die durch den Bau der Mauer entstanden ist; alle Unterzeichnerstaaten der Vierten Genfer Konvention vom 12. August 1949, die sich auf den Schutz von Zivilisten in Kriegszeiten bezieht, haben darüber hinausgehend die Verpflichtung, in Respektierung der Charta der Vereinten Nationen und des internationalen Rechts, sicherzustellen, dass Israel den Prinzipien des internationalen Menschenrechts folgend agiert, denen in dieser Konvention Ausdruck verliehen wird.’’ (hier die aus dem Gutachten folgende UNGA Resolution, bei deren Abstimmung die Bundesrepublik Deutschland mit JA gestimmt hat).
Die Bundesregierung und das Parlament sind dieser Verpflichtung bisher immer noch nicht nachgekommen. Im Gegenteil, die Bundesregierung födert und unterstützt täglich diese illegale Situation, indem sie den Staat Israel dauerhaft finanziell, militärisch und politisch unterstützt und deutschen Firmen wie beispielsweise PUMA und HeidelbergCement erlauben, von der Unterdrückung der Palästinenser*innen zu profitieren. Statt diejenigen kriminalisieren zu wollen, die sich für die Einhaltung internationalen Rechts einsetzen, sollte sich die Bundesregierung endlich selber dafür stark machen, dass internationales Recht beachtet und umgesetzt wird. Schliesslich ist das heutige internationale Recht eine Konsequenz aus den Verbrechen des deutschen Faschismus. Es stünde der Bundesregierung und ebenso den Abgeordneten des Deutschen Bundestages daher gut zu Gesicht, wenn sie sich für die Einhaltung internationalen Rechts engagieren würde, auch wenn es um Israel geht.
WD-3-288-20-pdf-data