Statement zur Stellungnahme des AStA Münster zur Gruppe Palästina Antikolonial vom 02.12.2020, sowie zur anschließenden Einordnung derselben als antisemitisch am 15.12.2020
Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost – 05 Januar 2021
Als jüdischer Verein, der sich gegen Rassismus und für Gerechtigkeit sowohl in Deutschland als auch im Nahen Osten einsetzt, widersprechen wir aufs Schärfste der Charakterisierung der Gruppe Palästina Antikolonial als antisemitisch aufgrund ihrer Aussagen zur Situation in Israel-Palästina. Um diesen Widerspruch zu begründen, möchten wir auf die vier Punkte eingehen, die Sie in Ihrer Stellungnahme angeführt haben.
1) Kundgebung „Nein zur Annexion“ am 25.7.2020
Dass Sie die Beschreibung von Israel als siedlerkolonialistischen Staat mit apartheidähnlichen Strukturen für „widerlegt“ halten, zeugt von mangelnder Sachkenntnis. Eine ausführliche Begründung für diese Festlegung finden Sie unter anderem in akademischen Standardwerken wie The Birth of the Palestinian Refugee Problem 1947–1949 von Benny Morris und Die ethnische Säuberung Palästinas von Ilan Pappé, deren Autoren übrigens beide israelische Historiker sind. Im Jahre 2017 hat die Wirtschafts- und Sozialkommission für Westasien (ESCWA), eine Kommission der Vereinten Nationen, den von internationalen Expert*innen verfassten Bericht „Israeli Practices towards the Palestinian People and the Question of Apartheid“ veröffentlicht, in dem gemäß Paragraph II der Internationalen Konvention über die Unterdrückung und Bestrafung des Verbrechens der Apartheid (1973) ausdrücklich behauptet und belegt wird, dass Israel nach der international etablierten Definition in der Tat Apartheid praktiziert. Natürlich steht es Ihnen frei, Gegenargumente anzuführen; diese Aussage als „Deligitimierung und Dämonisierung“ zu beschreiben ist aber schlicht unseriös, zumal damit der schwerwiegende Vorwurf des Antisemitismus begründet werden soll.
Weiter suggerieren Sie, dass der Ruf „From the River to the Sea, Palestine will be free“ an sich antisemitisch sei. Dabei fordert er lediglich, dass diese Region – also das historische Palästina, das erst ab 1948 „Israel“ genannt wurde – von der Ungerechtigkeit befreit werden soll, die gegenwärtig herrscht. Die von manchen beschworene „Zerstörung“ Israels ist dabei nicht das Ziel, sondern die Beendigung von Besatzung und Ungleichheit. Und was den palästinensischen Widerstand betrifft, so ist das Recht auf Widerstand gegen militärische Besatzung im Zusatzprotokoll I der Genfer Konvention von 1977 verbrieft. Selbstverständlich verurteilen sowohl Palästina Antikolonial als auch die Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost Anschläge auf Zivilist*innen, die abscheulich und menschenverachtend sind. Die Delegitimierung von bewaffnetem Widerstand an sich entspricht aber keiner völkerrechtlichen Norm…
Hier besagte Stellungnahme desASta Uni Münster, zu der sich der SDSdielinke Münster in einer Stellungnahme solidarisch mit Palästina Antikolonial am 3. Januar 2021 äußerte