#COP27: Klimagerechtigkeit erfordert zivilgesellschaftliche Freiräume
10.November 2022 / Palestinian BDS National Committee (BNC)
Als die Klimakonferenz der Vereinten Nationen (COP27) am 6. November in Sharm El Sheikh, Ägypten, eröffnet wurde und führende Politiker*innen, Regierungsvertreter*innen und politische Entscheidungsträger*innen aus aller Welt zusammenkamen, um über Klimagerechtigkeit zu verhandeln, trank der britisch-ägyptische Menschenrechtsverteidiger und Gewissensgefangene Alaa Abdel Fattah in einem ägyptischen Gefängnis sein letztes Glas Wasser, nachdem er sich bereits mehr als 200 Tagen teilweise im Hungerstreik befand. Wenn er nicht freigelassen wird, wird Alaa noch vor dem Ende der COP27 sterben.
Die unterzeichnenden palästinensischen Organisationen betonen, dass der Kampf für Klimagerechtigkeit mit Menschenrechten, sozialer Gerechtigkeit und dem Kampf um Selbstbestimmung und Freiheit verbunden ist. Wir fordern daher, dass Staaten die Menschenrechte und Freiheiten in den Mittelpunkt ihrer Verhandlungen auf der COP27 stellen, um einen inklusiven und echten globalen Klimagipfel zu ermöglichen. Wir schließen uns den weltweiten Stimmen an, die die sofortige Freilassung von Alaa Abd El Fattah und allen ägyptischen, palästinensischen und politischen Gefangenen auf der ganzen Welt fordern, die willkürlich festgenommen und inhaftiert wurden, nur weil sie ihre Menschenrechte wahrgenommen haben.
Klimagerechtigkeit ist nicht von Menschenrechten zu trennen. Einerseits beeinträchtigt der Klimawandel in erheblichem Maße die Wahrnehmung grundlegender Menschenrechte, darunter das Recht auf sicheres und ausreichendes Wasser und Nahrung, das Recht auf Gesundheit, angemessenen Wohnraum, Bildung sowie das Recht auf Entwicklung und Selbstbestimmung. Andererseits sind es globale Regime des Kolonialismus, des Neoliberalismus, der Besatzung, der Rassendiskriminierung und des Autoritarismus, die Menschen verletzen und sie ihrer Menschenrechte berauben, einschließlich ihrer politischen, bürgerlichen und sozioökonomischen Rechte, ihr Rechts auf Selbstbestimmung und ihres Rechts auf volle Souveränität über ihr Land und ihre Bodenschätze, wodurch sie eine Schlüsselrolle bei der Verfestigung der Klimakrise spielen
Gleichzeitig stehen an der Spitze der Bewegung für Klimagerechtigkeit indigene Völker, Basisbewegungen für soziale Gerechtigkeit, zivilgesellschaftliche Organisationen und Menschenrechtsverteidiger*innen, einschließlich Menschenrechtsverteidiger*innen im Umweltbereich, wie der UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf friedliche Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit hervorhebt[1]. Nach internationalen Menschenrechtsnormen sind Staaten verpflichtet, keine Gesetze anzuwenden und von Praktiken abzusehen, die die Ausübung des Rechts auf friedliche Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit beeinträchtigen, sowie ein günstiges Umfeld zu fördern, in dem diese Rechte wirksam ausgeübt werden können [2]. Die Staaten sind auch verpflichtet, das kollektive Selbstbestimmungsrecht der Völker zu erfüllen, einschließlich ihres Rechts, ihren politischen Status frei zu bestimmen und ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung frei zu verfolgen, sowie ihres Rechts auf volle Souveränität über ihre Bodenschätze und ihren Reichtum[3]. Darüber hinaus verpflichten sowohl die UN-Klimarahmenkonvention als auch das Pariser Abkommen die Vertragsstaaten, die Beteiligung der Öffentlichkeit an der Bewältigung des Klimawandels zu ermöglichen[4].
Bedauerlicherweise verletzen viele Staaten die Rechte und Freiheiten von Menschenrechtsverteidiger*innen und der Zivilgesellschaft durch tätliche Angriffe, Tötungen, Verleumdungskampagnen, Einschränkungen friedlicher Versammlungen, willkürliche Verhaftungen, Kriminalisierung, gerichtliche Schikanen und Überwachung, anstatt den Kampf für Gerechtigkeit, einschließlich des Kampfes für Klimagerechtigkeit, voranzutreiben[5]. In kolonialen und autoritären Kontexten haben sich Staaten für solche Verstöße auf Antiterrorgesetze und Sicherheitsvorwände gestützt. Diese repressiven Maßnahmen verstoßen nicht nur gegen die internationalen Menschenrechtsnormen, sondern sind auch Ausdruck globaler Unterdrückungssysteme, die an der Aufrechterhaltung des politischen Status quo interessiert sind, um ihre koloniale Vorherrschaft, ihre Macht und ihren Profit auszuweiten.
Im September 2021 schrieb Alaa Abdul Fattah aus seiner Gefängniszelle: „Ich war viermal im Hungerstreik … und jedes Mal erinnere ich mich an den Streik der palästinensischen Gefangenen. Palästina ist immer in meinen Gedanken … Hat ein Gefangener das Recht, die Belagerten um Hilfe zu bitten? Ich weiß, dass diese Fragen zeigen, wie alt ich bin, aber ich bin Araber und Palästina ist immer in meinen Gedanken. Und zu meiner Verteidigung sage ich, dass ich mich in meinem Land nicht erniedrigen lassen wollte, dass ich meine Fahnen nie gesenkt habe und dass ich meinen Unterdrücker*innen gegenüberstand: ein Waisenkind, nackt und barfuß, und mein Trost ist, dass die Tragödie, die ich erlebe, nur mein Anteil an der ihren ist. Ich rufe dir zu: Ich denke immer an dich.” Die unterzeichnenden Organisationen bekräftigen, dass die Freiheit in Palästina nicht vollständig sein wird ohne die Freiheit aller Menschen, die unter Kolonialismus, Besatzung, Rassendiskriminierung und Autoritarismus leben.
Die unterzeichnenden palästinensischen zivilgesellschaftlichen Organisationen und Netzwerke:
- Addameer Prisoner Support and Human Rights Association
- Al-Haq, Law in the Service of Man
- Center for Defense of Liberties & Civil Rights “HURRYYAT”
- Defense for Children International – Palestine
- Palestinian BDS National Committee (BNC)
- The Civic Coalition for Palestinians Right in Jerusalem
- The Palestinian Initiative for the Promotion of Global Dialogue and Democracy – MIFTAH
- The Palestine Institute for Public Diplomacy
- The Palestinian NGOs Network (PNGO)
- The Women’s Center for Legal Aid and Counselling
- MAKAN
#COP27: Climate Justice Demands Free Civic Space
Übersetzung Redaktion BDS-Kampagne.de
[1] UNGA, “Exercise of the rights to freedom of peaceful assembly and of association as essential to advancing climate justice” (23 July 2021) UN Doc A/76/222.
[2] Ibid.
[3] Common Article 1 of the International Covenant on Civil and Political Rights and the International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights.
[4] UN Framework Convention on Climate Change, art. 6; Paris Agreement, articles 7 and 12.
[5] UNGA, “Exercise of the rights to freedom of peaceful assembly and of association as essential to advancing climate justice” (23 July 2021) UN Doc A/76/222.