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Israels Krieg im Nahen Osten – Michael, gib den Preis zurück!

Offener Brief des Bundesverbands Arbeiterfotografie an DGB-Chef Michael Sommer wegen dessen Auszeichnung im Rahmen des 3. Deutschen Israel-Kongresses, 15.11.2013

Lieber Kollege Michael Sommer,

der DGB stellt sich als eine Organisation dar, die immer dann zur Stelle ist, wenn es darum geht, gegen Rassismus Flagge zu zeigen. In der Tat ist das Thema Rassismus von großem öffentlichen Interesse. Als Verband, in dem viele GewerkschaftskollegInnen organisiert sind, erlauben wir uns deshalb, Dir in Form eines Offenen Briefes zu schreiben.

Wie wir erfahren haben, hast Du am 10. November 2013 in Berlin im Rahmen des so genannten 3. Deutschen Israel-Kongresses den in Arno-Lustiger-Preis umbenannten I-like-Israel-Preis entgegen genommen. Dabei sollen vonseiten des Laudators Jochen Feilcke (CDU), MdB a.D. und Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Berlin und Potsdam, die Worte gefallen sein: „Lieber Michael, wir ehren deine langjährigen Verdienste um den Staat Israel und freuen uns, dir diesen Preis zu überreichen.“ Und Du hast erwidert: „Es ist für mich eine große Ehre, diesen Preis mit diesem würdigen Namen zu bekommen…“

Wie kann es sein, dass Du diesen Preis angenommen hast? Ist Dir nicht bekannt, dass der Israel-Kongress unter der Schirmherrschaft eines offiziellen Vertreters des Apartheid-Staates Israel (Botschafter Yakov Hadas-Handelsman) und einer Repräsentantin des Springer-Konzerns (Friede Springer) gestanden hat, dessen Journalisten vertraglich dazu verpflichtet sind, im Interesse der USA und Israels zu operieren – was zum Decken von deren Verbrechen führt. Ist Dir nicht bekannt, dass die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ (EJJP) gegen die Veranstaltung protestiert hat? (Wir fügen den Protestaufruf als Anlage bei.)

 

Ist Dir nicht bekannt, was seit über 60 Jahren in Palästina vorgeht – dass dort Menschen, die einer anderen Religion oder Ethnie angehören, mit infamen Mitteln verdrängt werden? Ist Dir nicht bekannt, dass der israelische Staat Palästina Tag für Tag illegal besiedelt? Ist Dir nicht bekannt, dass Israel die Bevölkerung von Gaza – nach dem Massaker an ihr mit weit mehr als 1000 Toten – wie in einem Gefängnis hält und ihr nur soviel Nahrungsmittel zukommen lässt, dass sie nicht verhungert? Ist Dir nicht bekannt, dass in Ost-Jerusalem wie auch in anderen Teilen Palästinas Häuser von Menschen, die nicht als jüdisch gelten, zerstört werden? Ist Dir nicht bekannt, dass – wie es 1948 in großem Stil durchgeführt worden ist – auch heute noch ganze Ortschaften, in denen Menschen einer anderen Religion oder Ethnie leben, vom israelischen Staat zerstört und die Menschen vertrieben werden?

Stell Dir bitte vor, es würde in Deutschland in Deiner Nachbarschaft passieren: Du würdest Zeuge, wie der deutsche Staat die Wasser- und Elektrizitätsversorgung zu Häusern in Deiner Nachbarschaft zerstören lässt, in denen Menschen einer anderen Ethnie oder Religion leben, oder deren Häuser und Kirchen ganz und gar dem Erdboden gleich machen lässt, oder von Zeit zu Zeit ganze Regionen, in denen Menschen einer anderen Ethnie oder Religion leben, bombardieren lässt. Stell Dir vor, das geschieht seit vielen Jahren mit dem Ziel, die betroffenen Menschen aus dem Land, in dem Du lebst, zu vertreiben. Könntest Du dabei wegsehen? Oder würdest Du aufstehen und derartige rassistische Verbrechen anprangern?

„Der [Deutsche Gewerkschafts]Bund und die in ihm vereinigten Gewerkschaften werden aktiv Diskriminierung… aus Gründen… der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion… bekämpfen.“ So heißt es in der Satzung des DGB. Damit der Ruf des DGB nicht noch weiteren Schaden nimmt, erwarten wir von Dir, dass Du den Preis ohne viel Aufhebens zurück gibst. Wir hoffen sehr, dass Du mit uns in der Auffassung übereinstimmst, dass Rassismus keine Meinung, sondern ein Verbrechen ist, und dass wir nicht die Augen davor verschließen dürfen, wenn in einem Land Bauern auf dem Feld oder Fischer bei der Arbeit erschossen werden – sondern dass wir dagegen gemeinsam aufstehen müssen.

Lass uns bitte wissen, wie Du dazu stehst.

Mit solidarischen Grüßen
Anneliese Fikentscher, Senne Glanschneider, Andreas Neumann, Cindy Dillmann, Peter Betscher für den Bundesverband Arbeiterfotografie

Der Offene Brief wird mitgetragen von Rolf Ballhause (Sohn des Fotografen Walter Ballhause und Leiter des Walter-Ballhause-Archivs), Hartmut Barth-Engelbart (Schriftsteller, Kabarettist, Musiker, Grafiker, GEW-Mitglied, ver-di/VS-Mitglied, Ex-Betriebsratsvorsitzender), Winfried Belz (Palästina/Nahost-Initiative Heidelberg), Martin Breidert (Sprecher der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft, Regionalgruppe NRW Süd), Reiner Dauven (Lehrer i.R. und seit über 40 Jahren Mitglied des DGB in der GEW), Ellen Diederich (Internationales FrauenFriedensArchiv, Oberhausen), Klaus Franke (Mitbetreiber der Kölner Klagemauer für Frieden und Völkerverständigung), Evelyn Hecht-Galinski (Publizistin und Tochter des ehem. Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland Heinz Galinski), Hans Peter Mortier (Infostelle für Friedensarbeit), Dr. Izzeddin Musa (Mitbegründer der Gesellschaft zur Humanitären Unterstützung der Palästinenser und Herausgeber von palaestina-stimme.de), Gertrud Nehls (Hagen), Karl-Heinz Otten (ehem. Vorsitzender des Aachener Friedenspreises, heute Vorstandsmitglied des Euregioprojekts Frieden Aachen), Norman Paech (Völkerrechtler und ehem. außenpolitischer Sprecher der Partei DIE LINKE), Gabriele Röwer (OStR i.R., zusammen mit Karlheinz Deschner Mitbegründerin der Robert-Mächler-Stiftung), Günter Schenk (membre du Collectif Judéo Arabe et Citoyen pour la Palestine, Strasbourg), Anka Schneider, Erasmus Schöfer (Schriftsteller, Mitbegründer des Werkkreises Literatur der Arbeitswelt), Thomas Immanuel Steinberg (Hamburg), Vera Thomas-Ohst (ehem. stellv. Vorsitzende des Aachener Friedenspreises, heute Vorsitzende des Euregioprojekts Frieden Aachen), Georg Maria Vormschlag (seit 41 Jahren in der Gewerkschaft ver.di – ehemals ÖTV), Willy H. Wahl (Herausgeber der Wissensplattform www.seniora.org), Samy Yildirim (Niederlande), Elke Zwinge-Makamizile (Mitglied im Deutschen Friedensrat und in der Internationalen Liga für Menschenrechte) und von folgenden Organisationen: Deutscher Freidenker-Verband (Landesverband Nord), Kölner FRAUEN IN SCHWARZ, Palästina/Nahost-Initiative Heidelberg und Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V. (European Jews for a Just Peace, Germany).

Rede von DGB-Chef Michael Sommer nach Übergabe des I-like-Israel-Preises

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